Flüchtlingsgipfel: Landrat Ulrich fordert dauerhafte Unterstützung durch den Bund!
Zu der angekündigten Durchführung eines Flüchtlingsgipfels bei der Bundesinnenministerin im Februar 2023 erklärt Götz Ulrich, Präsident des Landkreistages Sachsen-Anhalt und Landrat des Burgenlandkreises:
„Die Landkreise in Deutschland brauchen dringend eine wohldurchdachte und dauerhafte Unterstützung des Bundes. Ratschläge von Bundespolitikern in Interviews zur Frage, wie Landräte und Oberbürgermeister mit der Unterbringung der anschwellenden Anzahl von Geflüchteten umgehen sollen, machen deutlich, dass die Bundespolitik die Realitäten vor Ort nicht kennt. Auch die besonderen Situationen in den ländlichen Räumen geraten mitunter außer Betracht.
Die Lehre bereits aus der Flüchtlingslage 2015 wäre gewesen: Wir bauen bundesweit Aufnahmestrukturen auf, die wir bei Bedarf aktivieren und nutzen können: Gebäude, personelle Strukturen für die Unterbringung, Betreuung, sprachliche Bildung und die weitere Verteilung in die Gemeinden. Es war bereits damals klar, dass weltweite Krisen uns erneut in Mitteleuropa treffen und jederzeit in ähnliche Situationen bringen können. Passiert ist von Seiten des Bundes indes nichts.
Nun haben wir erneut eine extrem angespannte Situation bezüglich der Unterbringung von Menschen als Asylbewerber und Kriegsflüchtlinge. Wenn der Bund uns jetzt erklärt, man könne ja auf Bundesimmobilien zurückgreifen, ist das eine Nebelkerze. Bei genauer Betrachtung zeigt sich für Sachsen-Anhalt: In keinem einzigen Landkreis hat der Bund mit seinen Liegenschaften einen Beitrag zur Unterbringung erbracht, nichts angeboten, nichts zur Verfügung gestellt. Die Landkreise bleiben auf sich allein gestellt und finden kaum noch geeignete Objekte, die eine menschenwürdige Unterbringung gewährleisten und zugleich auch eine Grundakzeptanz bei der Bevölkerung finden.
Für die langfristige Verbesserung der Lage schlage ich daher vor:
- Der Bund finanziert dauerhaft bundesweit vollständig die Sanierung und den Bau von einfachen Unterkünften in Landkreisen und Städten, die jederzeit geöffnet und genutzt werden können, außerhalb von Flüchtlingswellen auch für Fälle des Katastrophenschutzes und der Unterbringung von Menschen in Notlagen. Der Krieg in Europa zeigt, dass solche Unterkünfte auch ein Beitrag für den Bevölkerungsschutz sein können. Die Landkreise können selbst am besten beurteilen, wo solche Unterkünfte innerhalb des eigenen Gebietes am ehesten platziert werden können oder welche Altimmobilie sich dafür eignet.
- Der Bund unterstützt die kommunale Ebene dabei, die erforderlichen Fachkräfte in den Ausländerbehörden, Unterkunftsverwaltungen und Sozialverwaltungen einzustellen und stellt hierfür gesonderte Mittel zur Verfügung.
- Der Bund engagiert sich innerhalb der EU für eine gerechte Verteilung der Geflüchteten unter den Mitgliedsstaaten nach einem ähnlichen Modell wie der Königsteiner Schlüssel, der die Verteilung innerhalb Deutschlands regelt.
Zusätzlich brauchen die Landkreise aber kurzfristige Lösungen:
- Die laufenden Kosten der Unterkünfte selbst finanziert das Land Sachsen-Anhalt bisher vorbildlich. Wir gehen davon aus, dass auch künftig die Unterbringungskosten den Landkreisen in Sachsen-Anhalt vollständig erstattet werden.
- Wir brauchen aber zudem dringend Personal in den Ausländerbehörden, Unterkunftsverwaltungen, Sozialämtern und Asylbewerberleistungsbehörden. Hierfür fehlen vor Ort Geld und Bewerber. Ich fordere daher die Länder und den Bund auf, uns Bedienstete abzuordnen, die in den kommenden Monaten die Landratsämter und Rathäuser unterstützen. Dabei darf die Abordnung nicht erneut an den ländlichen Regionen vorbei gehen. Zudem müssen außerhalb des Finanzausgleichsgesetzes den Landkreisen und kreisfreien Städten finanzielle Mittel für die Aufstockung der Ausländerbehörden, Unterkunftsverwaltungen und Sozialverwaltungen zur Verfügung gestellt werden.
- Gemeinden, in denen Asylsuchende untergebracht werden, erhalten für die besonderen Integrationsleistungen, die sie erbringen, eine finanzielle Unterstützung, die sich im Gemeindehaushalt bemerkbar niederschlägt. Dieses Budget muss auch bei finanzschwachen Gemeinden für freiwillige Aufgaben eingesetzt werden dürfen, insbesondere für Kultur- und Sportförderung, Vereinsunterstützung und die Verbesserung des Zusammenlebens der gesamten örtlichen Gemeinschaft.“