Gibt es einen Mindestausstattungsanspruch auch für Landkreise?

Salzlandkreis und Mansfeld-Südharz wollen Artikel 28 des Grundgesetzes verbindlich auslegen lassen und reichen Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht ein

Sowohl der Salzlandkreis als auch Mansfeld-Südharz strengen mit Unterstützung der Landkreisfamilie eine kommunale Verfassungsbeschwerde zur Auslegung von Artikel 28 des Grundgesetzes an. Diese ist am Donnerstag, 12. Dezember 2024, beim Bundesverfassungsgericht erhoben worden.

Dazu erklären die Landräte Markus Bauer und André Schröder: „Die aktuelle Rechtsprechung zur Kreisumlagefestsetzung in Sachsen-Anhalt führt dazu, dass die Landkreise bei der Hebesatzhöhe zugunsten der Städte und Gemeinden weit hinter ihrem eigentlichen Bedarf zurückbleiben müssen. Der damit verbundene Ertragsausfall wird jedoch nicht durch höhere FAG-Zuweisungen ausgeglichen, weil das Land bei der Sicherstellung der kommunalen Mindestausstattung auf die Grenzen seiner Leistungsfähigkeit verweist. Dadurch müssen Landkreise trotz objektiv nachgewiesener Finanzbedarfe eine Überschuldung in Kauf nehmen.

Landrat André Schröder erklärt: „Das Finanzierungsdilemma für die Landkreise kann nur dadurch geklärt werden, indem der Artikel 28 Abs. 2 des Grundgesetzes in finanzieller Hinsicht verbindlich ausgelegt wird. Die Finanzbedarfe kommunaler Gebietskörperschaften sind gleichrangig. Der Erfüllungsaufwand zugewiesener Aufgaben muss auch auf Landkreisebene ausreichend finanziert werden. Andernfalls wäre die Aufgabenwahrnehmung nur noch mit dauerhaften Kreditaufnahmen möglich. Es bedarf einer ‚Schuldenbremse von unten‘, indem der Mindestausstattungsanspruch zur Wahrung der kommunalen Selbstverwaltung auch für die Landkreisebene festgestellt wird.“

Landrat Markus Bauer ergänzt: „Die Landkreise benötigen ein solides Fundament für die Erfüllung der gesetzlich vorgeschriebenen Aufgaben und, um eine Perspektive zur Entwicklung der Regionen aufzeigen zu können.“ Angesichts der aktuellen Entwicklung seien viele Landkreise jedoch kaum mehr handlungsfähig.

Beide Landkreise sehen die Anrufung der Verfassungsrichter in Karlsruhe zudem als einen Schritt, um nach Jahren fortgesetzter Klagen zwischen den kommunalen Gebietskörperschaften doch noch einen dauerhaften Rechtsfrieden für alle Seiten zu erreichen.

Prof. Dr. Ariane Berger, Geschäftsführendes Präsidialmitglied des Landkreistages Sachsen-Anhalt, ergänzt, dass für ein entsprechendes Verfahren vor allem strukturell unterfinanzierte Landkreise in Betracht kämen. Die verfassungsrechtliche Frage, welche Finanzierungs- und Sorgfaltspflichten das Land gegenüber seinen Landkreisen habe, betreffe aber alle Landkreise gleichermaßen.

Der Präsident des Landkreistages Sachsen-Anhalt, Götz Ulrich, weist dementsprechend auf die landes- und bundesweite Bedeutung dieses Verfahrens hin: „In allen Kreistagen des Landes wurden zuvor Unterstützungsbeschlüsse gefasst. Eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts wird Ausstrahlungskraft für alle elf Landkreise in Sachsen-Anhalt und darüber hinaus auch deutschlandweit für die kommunale Ebene haben.“

Hintergrund:

Landkreise gewährleisten auf vielfältige Weise das öffentliche Leben. Zuständig sind sie von Gesetzes wegen insbesondere für Aufgaben mit Allgemeinwohlbezug. Dazu gehören verschiedene Sozialhilfen, der Natur- und Umweltschutz, die Abfallentsorgung und die Unterhaltung der Kreisstraßen, Veterinärangelegenheiten und gesundheitlicher Verbraucherschutz, die Gewährleistung qualitativer Arbeit in Kindertagesstätten, das Kindswohl sowie die Ausstattung der Sekundar- und Förderschulen und der Gymnasien in der jeweiligen Region sowie die Erwachsenenbildung und die Genehmigung von Bauanträgen. Zur Aufgabenerfüllung erhalten Landkreise finanzielle Mittel von Bund und Land. Die Städte und Gemeinden steuern ihren Teil über die Kreisumlage bei. Die genaue Höhe wird jährlich vom Kreistag festgelegt.

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